Unterwegs begegnen Fiebig und seine Freunde immer wieder engagierten Organisationen und Menschen, die sich für den Erhalt der grandiosen Natur und des kulturellen Erbes engagieren. Durch seine Eindrücke und Erfahrungen gelangt das 50-Treasures-Team zu der Überzeugung: Angesichts der dynamischen wirtschaftlichen Entwicklung, vieler sozialer Umwälzungen und nicht zuletzt des Bevölkerungswachstums werden Kenias Schätze nur dann langfristig Bestand haben, wenn es gelingt einen nachhaltigen Tourismus zu fördern, der den Einheimischen, den Hütern dieses Reichtums, ein faires Einkommen verschafft und sie zu Verbündeten im Kampf um den Erhalt von Natur und Kultur macht.
Als Folge beginnt die Stiftung über Fotoausstellungen, Vorträge, Zeitschriftenartikel, ein Internet-Reiseportal, Kampagnen-Arbeit und den auffälligen ‚Happy Birthday Kenya!‘-Jeep der kenianischen Öffentlichkeit die Schönheit und Vielfältigkeit des Landes vor Augen zu führen, denn erstaunlicherweise ist nicht nur den meisten Reisenden, sondern auch der Mehrheit der Mwananchi, der kenianischen Landsleute, bisher nur ein Bruchteil der kulturellen und natürlichen Schätze Kenias bekannt.
Ein Wald bedeckter Hügel ragt aus dem Nebel wie eine Insel im Meer der Zeit und verwandelt dieses Bild zu einem Gleichnis von Kakamega. Denn der Kakamega Forest in Westkenia formt einen kleinen Überrest des riesigen Waldgebietes, das einst das Kongobecken mit dem Indischen Ozean verband. Durch Rodungen in den vergangenen 2000 Jahren mehr und mehr isoliert, beherbergt Kakamega eine große Anzahl an Pflanzen, Reptilien und Vögeln, etwa die Gabun-Viper, den Graupapagei oder eine grosse Nashornvogelart, die sonst nirgends in Kenia zu beobachten sind.
Glücklicherweise ist der Kakamega Forest seit einigen Jahren geschützt und durch Wanderwege erschlossen. Einheimische Führer führen durch die grüne Wunderwelt, erklären die Heilwirkung von Pflanzen und erläutern den Ursprung der vielen Tierstimmen des Waldes. Da die Sonne in Äquatornähe rapide auf- und untergeht, werden einem als Fotograf nur kurze Zeitfenster mit mystischen Lichtstimmungen geschenkt und so fängt der Arbeitstag immer früh an – und endet spät.
Stille Wasser sind tief, können aber auch verdammt flach sein – so legt es jedenfalls das Wrack des Dampfschiffs Robert Coryndon in Butiaba nahe, einem verfallenen Hafen am Ostufer des Albert Sees. In jedem Fall sind Butiaba und die Coryndon ein Mahnmal der Vergänglichkeit. In der britischen Kolonialzeit spielte Butiaba als Knotenpunkt des Handels zwischen Kongo, Südsudan und Kenia eine bedeutende Rolle. Und die Coryndon beschrieb Sir Winston Churchill als die ‚beste schwimmende Bibliothek‘, während Hemingway von ’schwimmender Pracht‘ schrieb. Von all dem ist heute nichts mehr zu erkennen. Der Dampfer sank angeblich in den Wirren nach der Unabhängigkeit Ugandas Anfang der 1960er Jahre und wurde nie wieder gehoben, während Butiaba in der Bedeutungslosigkeit verschwand und verfiel. Ich konnte von der Coryndon im Jahr 2000, als ich mit Oliver Bolch für den Bildband Traumstrassen Ostafrika in Uganda recherchierte und fotografierte, noch dieses Bild schiessen. Angeblich ragt inzwischen nur noch ein Stahlgerippe aus dem Wasser, den Rest haben Altmetall-Diebe abtransportiert. Und Butiaba? Noch schläft Butiaba den Schlaf des in Vergessenheit geratenen Weltwinkels. Doch an den Ufern des Albert Sees sind reiche Ölvorkommen entdeckt worden und es bestehen Pläne, den verfallenen Hafen wieder zu beleben.
Die Königin der ugandischen Nationalparks – nomen est omen – ist der Queen Elizabeth Nationalpark in Westuganda, der sich im Zentralafrikanischen Graben zu Füssen des Ruwenzori Gebirges erstreckt. Queen Elizabeth – von Eingeweihten kurz QE genannt – verbindet unterschiedlichste Naturräume: Da sind weite Grassavannen und der für seine Nilpferde berühmte Kazinga Channel. In zwei Waldgebieten lassen sich sogar noch Schimpansen beobachten. Und manchmal, da gestattet sogar His Majesty, der Ruwenzori, der dritte 5000er Afrikas, einen flüchtigen Blick auf seine Schneegipfel. Für gewöhnlich hüllt sich der Regenmacher, so die direkte Übersetzung des Namens, in Wolken. In den Bergen entspringt die höchstgelegene Quelle des Nils. Vor allem aber sind die Ruwenzoris eine brodelnde Wetterküche, die immer wieder – so wie auf diesem Bild – großartige Lichtstimmungen gebiert. Es hat mächtig geschüttet, wir stehen mit dem völlig verdreckten Geländewagen, welcher auf den schönen Namen African Queen hört, am Rand eines kleinen Kraters. Bei Sonnenuntergang reisst plötzlich der Himmel auf, und die letzten Sonnenstrahlen scheinen das Savannengras und den Wagen in Brand zu stecken. Ein unvergesslicher Moment mit unvergesslichen Farben – und ein unvergessliches Bild!